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Historische AUfnahmen von CJ Schmidt außen und innen

Tradition trifft Zeitgeist – die Geschichte von CJ Schmidt

Seit über 140 Jahren prägt CJ Schmidt die Modewelt im Norden. Was 1882 mit einem kleinen Geschäft in Husum begann, ist heute ein modernes Modehaus mit Leidenschaft für Stil, Qualität und Kundennähe. Entdecken Sie die Meilensteine einer Unternehmensgeschichte, die von Wandel, Werten und Visionen lebt – und stets den Blick nach vorn richtet.


Historische Aufnahme eines Schaufensters

1876 BIS 1914

ALLER ANFANG IST SCHWER

Jede Zeit hat ihre Besonderheiten und damit auch ihre besonderen Probleme. Das war nicht anders, als die Kaufleute Carl Jensen Schmidt und Johannes Heinrich Paulsen im Juni 1876 die Firma C. J. Schmidt übernahmen.
Das Manufakturwarengeschäft in der Neustadt Nr. 5 war ziemlich heruntergewirtschaftet, wie ein Dokument aus dem Nachlass von Carl Jensen Schmidt belegt.
Darin schreibt der in Scherrebeck, dem heutigen Skærbæk in Dänemark, geborene Firmengründer, der den Kaufmannsberuf in Tondern erlernte: „Ich war in Husum nicht gerade von vorneherein auf Rosen gebettet."
Die Gründung des Hauses „Paulsen & Schmidt“, wie das junge Unternehmen damals noch hieß, „glücklich zu nennen“, erschien ihm dann auch schmeichelhaft: „Es wäre sicher leichter gewesen, ein neues Geschäft zu gründen, als die alte Ruine neu aufzurichten.“

UNTERNEHMERGEIST IST KEINE FRAGE DES ZEITPUNKTES

Es waren schwere Rahmenbedingungen, unter denen Paulsen und Schmidt in Husum ihr Geschäft aufnahmen. Gleichwohl zogen die beiden bereits im Februar 1877 der besseren Lage wegen in die Krämerstraße, wo sie für 22.000 Mark das Haus Nr. 3 kauften. Dabei waren die Kompagnons jedoch auf die Hilfe von Vater Schmidt angewiesen. Ende desselben Jahres verließ Paulsen die Firma. Carl Jensen Schmidt war jetzt der alleinige Inhaber und das Unternehmen erhielt jenen Namen, den es bis zum heutigen Tage trägt:

C. J. SCHMIDT

Allerdings sollte dieser in den nachfolgenden 124 Jahren durch den Volksmund eine kleine, aber wesentliche Veränderung erfahren. Aus „C. J.“ wurde mit der Zeit „C. I.“, und noch heute werden Mitarbeiter des Hauses gefragt, was denn nun eigentlich stimme: „I.“ oder „J“.

„J“ wie Jensen, lautet die Antwort, doch wem das „I“ leichter über die Lippen kommt, der solle ruhig dabei bleiben, sagte der Unternehmer Peter Cohrs (Jhg. 1961), der dritte Peter Cohrs nach seinem Vater (1924–2009) und dem Großvater (1891–1976).

Zukunftsweisend wandelte C. J. Schmidt seine Firma schon bald nach Gründung 1876 in ein sogenanntes Kontantgeschäft, ein Barzahlungsgeschäft, um. Diese Maßnahme ermöglichte ihm, „billig zu verkaufen und den Kunden so viel wie möglich für ihr Geld zu geben“. Ein Prinzip, das schon bald erhofften Aufschwung bringen sollte.

Bereits 1884 konnte die junge Firma ihre Geschäftsräume erweitern. Sie erwarb von dem Kaufmann Korff-Petersen das Nebenhaus mit der Nr. 181, das bis 1857 dem Kaufmann Ingwer Woldsen gehört hatte – jenem „Weihnachtsonkel“, dem Theodor Storm in seiner Novelle „Unter dem Tannenbaum“ ein Denkmal gesetzt hat.

Alte Bilder und Fotografien der Krämerstraße erinnern indes eher an die heutige Wasserreihe. Der Straßenzug wirkt extrem eng – wohl auch deshalb, weil sich vor nahezu jedem Haus Beischläge und breite Sandsteinstufen befanden. Sie sollten die Gebäude vor Überschwemmungen schützen. Immerhin lag der Hafen nur einen Steinwurf entfernt. Und die große Schleuse gab es noch nicht. Wenn der Blanke Hans also erst einmal in der Stadt war, hatte man ihn schnell auch im Haus. Zu dieser Zeit waren Krämer- und Großstraße noch getrennte Straßenzüge mit eigenen Hinterhöfen.

 

EIN SPEICHER ALS SINNBILD DER MODERNE

1913 wird der längst fällige Neubau eines Speichers hinter der Twiete in Angriff genommen. Wie unzulänglich die Speicherräume waren, hatte sich bereits 1881 abgezeichnet, als bei einem Brand im „Hinterhaus“ ein Feuerwehrmann ums Leben kam.

Ein Jahr zuvor hatte C. J. Schmidt die entlang der Twiete – zwischen Krämer- und Großstraße – gelegenen Stallungen des Kaufmanns Korff-Petersen gekauft. Sie mussten jetzt einem modernen Speicher weichen – viergeschossig, aus Eisenbeton und mit modernsten elektrischen Lastenaufzügen ausgerüstet. Von nun an wurden Waren über die Twiete angeliefert. Darüber hinaus erwirkte die Firma eine Sondergenehmigung für den Bau einer Lorenbahn in die Twiete. Auf ihr wurde vor allem die Wolle der Schafzüchter ins Haus transportiert.

C. J. Schmidt war damals Annahmestelle für die Reichswollverwertung.

Welch gewaltiger Schritt nach vorn dies war, zeigen die in gestochener Handschrift geführten Inventurlisten der Firma. Da wird der Umsatz anno 1904 mit 638.000 Mark und im letzten Friedensjahr 1914 mit 816.000 Mark angegeben.

Angesichts solcher Zahlen fragt man sich natürlich: Was war dieser Carl Jensen Schmidt eigentlich für ein Mann? Überlieferungen zufolge muss er ein strenger, aber gerechter Chef gewesen sein. So soll ihn einmal ein Lehrling gefragt haben, ob er wohl einen freien Tag haben könne: Seine Großmutter feiere ihren 80. Geburtstag. Der junge Mann bekam ohne Weiteres die Erlaubnis. Weil es so gut gelaufen war, bat der Lehrling den Chef im darauf folgenden Jahr erneut um einen freien Tag. Begründung: Seine Großmutter werde 80. C. J. Schmidt runzelte die Stirn und sagte: „Merken Sie sich: Beim nächsten 80. Geburtstag fliegen Sie!“

Ein anschauliches Bild, wie es in der Firma vor dem Ersten Weltkrieg aussah, hat der ehemalige Commis (junger Verkäufer, Anm. d. A.) des Hauses, Martin Schwermer hinterlassen:

„In der Firma wurden damals (1913) 32 Herren, 3 Hausdiener, 2 Lageristen und 3 Reinmachefrauen beschäftigt. Im Kontor herrschte der Prokurist Hellberg, im Laden der Geschäftsführer Henning Cordsen. Alle Herren trugen stets dunkle Anzüge. Es gab nur Herren-Bedienung, selbst Damenwäsche und Damenhüte wurden von Herren verkauft.

Die Damenhüte wurden in einem Putz-Atelier im II. Stock selbst angefertigt und dann im Bedarfsfall im Büro (von Herren) vor dem großen Spiegel verkauft. Die größte Abteilung war die Abteilung für Kleiderstoffe, die einen ausgezeichneten Ruf besaß.

Inletts und Hemdenstoffe wurden nur en gros gekauft.

Der beste Hemdenstoff aus Elsass kostete damals RM 0,22 pro Meter. Die Anzugstoffe wurden bei der Firma Bernhard in London gekauft und in Stettin konfektioniert, die besseren Anzüge kamen von Isidor Bach in München.

Die Arbeitszeit betrug täglich 10 Stunden, sonnabends wurde bis 21.00 Uhr bedient.

Am Sonntagmorgen war der Laden von 8.00 bis 9.00 Uhr und von 11.00 bis 13.00 Uhr geöffnet. Die Gehälter wurden genau nach Leistung bemessen und am Monatsletzten in Goldstücken ausbezahlt. Dänische Sprachkenntnisse waren sehr gefragt, da viel dänisches Publikum kam. Der alte C. J. Schmidt war sehr streng, aber gerecht. Unpünktlichkeit wurde scharf bestraft. Er selbst war stets im Laden, sprach jeden Kunden mit Namen an und wusste immer etwas Interessantes zu erzählen.

Wie man sieht, haben sich seitdem viele Dinge verändert, doch was schon damals zu den Stärken des Hauses C. J. Schmidt zählte, hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten – nicht zuletzt der enge Kontakt zur Kundschaft.

Historisches Bild der Großstraße in Husum

1914 BIS 1936

VON C. J. SCHMIDT UND DESSEN SOHN HANS ZU PETER COHRS

Nach dem Krieg brach auch für Husum eine neue Zeit an. Die Welt hatte sich verändert. Und nicht einmal die „Goldenen 20er Jahre“ konnten darüber hinwegtäuschen, dass bestehende Konflikte nicht ohne Folgen bleiben würden. Zwei dieser Konfliktherde seien hier stellvertretend aufgeführt: die Unterzeichnung des von vielen als Schmach empfundenen Versailler Vertrages am 23. Juni 1919 und die zunehmende Polarisierung der politischen Weltanschauungen.

EIN KINDERARZT WIRD FIRMENCHEF

Der alte Firmenchef tat sich mit wirtschaftlichen Veränderungen schwerer als seine jüngere, erstarkende Konkurrenz. Am 29. April 1923 – drei Jahre vor dem 50. Firmenjubiläum – starb Carl Jensen Schmidt, und sein Sohn Hans übernahm den Betrieb. Voller Elan machte sich der Junior, der von Beruf nicht etwa Kaufmann, sondern Kinderarzt war, ans Werk. Doch bald schon sollte sich herausstellen, dass er mitnichten über die Weitsicht und Konsequenz seines Vaters verfügte. 

Zwar erweiterte Schmidt jr. 1926 die Ladenfläche, indem er die Privatwohnung im Obergeschoss zur Herren- und Damenkonfektion umbauen ließ. Außerdem richtete er eine Werkstatt für Maßkonfektion ein. Doch der Konkurrenzdruck wuchs weiter. Und das hing wohl auch damit zusammen, dass Schmidt neben seinem Geschäft noch zahlreiche andere Interessen hatte und genügend Vermögen besaß, um diesen auch nachgehen zu können. 

Die Geschäftsführung legte er weitgehend in die Hände von Prokurist Henning Cordsen, der bereits viele Jahre für den alten Schmidt gearbeitet hatte. Das Jubiläumsjahr 1926 (50 Jahre C. J. Schmidt) fällt zusammen mit der Gründung der Deutschen Lufthansa und der Daimler Benz AG. In Berlin wird aus Anlass der dritten Funkausstellung der 138 Meter hohe Funkturm eingeweiht.

WERBUNG AUS DER LUFT 

Mit spektakulären Einfällen versuchte Schmidt das Geschäft zu beleben: So besaß er zu jener Zeit ein eigenes Flugzeug, für das er auf dem Gallberg im Norden der Stadt eine kleine Landebahn einrichten ließ. Mit diesem Flugzeug unternahm der Junior Reklameflüge über die Stadt – mal mit einer Werbefahne im Schlepptau, dann mit Flugblättern an Bord, die er auf seine Kunden oder solche, die es werden sollten, herabregnen ließ. 

Diese Werbeflüge konnten den Negativtrend allerdings genauso wenig aufhalten wie die Idee, einen ganzen Waggon mit Strohhüten zu kaufen und direkt vom Eisenbahnladestrang am Binnenhafen zu verkaufen. Auf gut der Hälfte blieb Schmidt sitzen, und seine häufige Abwesenheit von der Firma verstärkte nun auch bei Geschäftspartnern und Kunden den Eindruck, dass dem Unternehmen die Führung fehlte. Die Umsätze gingen rapide zurück. Das Personal musste zeitweilig auf 20 Mann reduziert werden. 

Auch anderen Branchen ging es schlecht. Hatte zum Beispiel der Viehexport noch unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg ein Rekordjahr erlebt, so wirkte sich die Abtretung Nordschleswigs an Dänemark im Jahre 1920 geradezu verheerend aus. Immerhin handelte es sich um einen Markt, der auf dem Zutrieb von Magervieh und Schafen aus eben diesen Gebieten beruhte. 

Und noch immer lag auch die Baubranche danieder. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sollten helfen, doch aus Geldmangel konnten lange nicht alle verwirklicht werden. Immerhin wurden in diesen Jahren Eisenbahnbetriebsamt, Zollamt und Finanzamt gebaut. Unterdessen ist der Niedergang der Weimarer Republik bereits in vollem Gange. Versailler Vertrag, Inflation, Weltwirtschaftskrise und eine Regierungskrise nach der anderen beschleunigen die Talfahrt nur. 

Und am politischen Horizont warten bereits Adolf Hitler und die Nationalsozialisten auf ihre Stunde. C. J. Schmidt überstand diese Zeit nur mit äußersten Schwierigkeiten. Und für Dr. Hans Schmidt bedeutete sie das Ende einer glücklosen Kaufmannskarriere. 1936 entschloss er sich, das Geschäft zu verkaufen.

Historische Aufnahme von Karin und Peter Cohrs

1936 BIS 1948

DIE ÄRA COHRS BEGINNT

Mit Peter Cohrs (1891–1976) übernahm im August 1936 wieder ein echter Kaufmann die Firma. Der neue Chef war für die Husumer durchaus kein Unbekannter. So hatte er sich bereits als Kompagnon der jungen Firma Kähler & Cohrs den Ruf eines tüchtigen Kaufmanns erworben. In Buxtehude geboren, hatte er früh seine Eltern verloren und mit 14 Jahren bei Verwandten in Selent eine fünfjährige Kaufmannslehre angetreten, in der ihm nichts geschenkt wurde. Danach musste er sein Leben selbst meistern und ging zunächst als Commis nach Bredstedt. Danach arbeitete er für C. J. Schmidt, wo man ihn auch gern behalten hätte. Doch der Drang, sich selbstständig zu machen, war stärker. Und so tat er sich im April 1919 mit einem Kompagnon zusammen, um in der Krämerstraße ein eigenes Geschäft zu eröffnen. Mit Fleiß und guten Ideen konnten sich Kähler & Cohrs auch in den Wirren nach dem Ersten Weltkrieg behaupten und übernahmen bereits drei Jahre später das Ladenlokal von Georg Hermann, heute Kloppenburg. Hier sollte das junge Unternehmen sich prächtig entwickeln. Doch Peter Cohrs wollte sein „eigener Herr“ sein, und so trennte er sich 1936 von seinem Kompagnon und kaufte die Firma und das Haus C. J. Schmidt.

Da die Liquidität des Unternehmens angespannt und der Umsatz in den zurückliegenden Jahren stark zurückgegangen war, musste Cohrs nicht nur schwer arbeiten, sondern all sein kaufmännisches Können aufbieten, um das Vertrauen von Fabrikanten und Kunden wiederherzustellen. Und mehr als einmal hat er betont, dass es schwerer sei, „eine heruntergewirtschaftete Firma wieder aufzubauen, als eine neue zu gründen“. 

Die besondere Gabe des neuen Chefs lag zweifellos in seinem Gespür für die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden. Seine größte Liebe galt dabei dem Einkauf für die Damen- und Herrenkonfektion des Hauses. Verständlich, dass in den Jahren nach der Übernahme von C. J. Schmidt ein harter Konkurrenzkampf und eine scharfe Rivalität zwischen den früheren Kompagnons Kähler und Cohrs entbrannte. Doch auch das konnte den neuen Chef nicht von seinem Kurs abbringen.

Am weltpolitischen Horizont zeichnet sich derweil bereits die größte politische und menschliche Katastrophe des 20. Jahrhunderts ab. Die Nationalsozialisten erobern die Macht und drücken die gesamte politische Opposition an die Wand. Die jüdische Bevölkerung erfährt eine beispiellose Entrechtung, und zeitgleich werden bereits Kriegsvorbereitungen getroffen. Auch in Husum weht ein anderer Wind. Der Ort wird Garnisonsstadt, erhält einen eigenen Flugplatz. Die Annexion Österreichs und der Tschechoslowakei, aber vor allem der Einmarsch in Polen bringen das Fass schließlich zum Überlaufen.   

PREISSTOPP UND ZWANGSBEWIRTSCHAFTUNG 

Der Beginn des Zweiten Weltkrieges sollte auch die gute Entwicklung der Firma C. J. Schmidt unterbrechen. Preisstopp, Zwangsbewirtschaftung und der Einkauf auf Kleiderkarten werden eingeführt und streng überwacht. 

1943 wird die Firma mit G. M. Gramm, den Gebrüdern Thießen und W. Abraham zu einer Kriegsarbeitsgemeinschaft zusammengelegt. Die Schwierigkeiten, den Betrieb weiterzuführen, wachsen. Hinzu kommt, dass Familie Cohrs im Krieg zwei Söhne verliert, die sich bereits dem kaufmännischen Beruf verschrieben hatten. 

Bis 1948 blüht der Schwarzhandel. Es gibt nahezu alles zu kaufen, nur nicht für Reichsmark. Die Zigarette erlebt ihren Aufstieg zur Handelswährung. Erst die Währungsreform und die Einführung der D-Mark bringt die ersehnte Wende. Am 20. Juni 1948 erhält jeder Bundesbürger für 40 Reichsmark 40 D-Mark. Für die Unternehmer bedeutet dies, dass nur eine Woche später auch die Gehälter in der neuen Währung ausgezahlt werden müssen. Und so fahren die Kaufleute bereits am Tag darauf nach Hamburg, um Ware einzukaufen, die sogleich an die Kunden weitergegeben wird. 

Mit Einführung der D-Mark wird auch die Zwangsbewirtschaftung gelockert. Dadurch kann sich der Handel zügig entwickeln. Soziale Marktwirtschaft und Unternehmergeist sorgen in den Folgejahren für ein stetiges Aufblühen der Konjunktur. Die Londoner „Times“ ist es schließlich, die dem Ganzen einen Namen gibt: Das „deutsche Wirtschaftswunder“ hat begonnen.   

NUR STUNDENWEISE GEÖFFNET 

Zuvor jedoch hatte die neue Husumer Verwaltung vor scheinbar unlösbaren Problemen gestanden. Binnen weniger Monate war die Bevölkerung der Stadt durch den Flüchtlingsstrom aus den Ostgebieten und dem zerbombten Hamburg von 14 000 auf über 25 000 Menschen angeschwollen. Die hohe Arbeitslosigkeit, Nahrungsmittelrationierungen, der grassierende Schwarzhandel und der massive Währungsverfall hatten für zusätzliche Belastungen gesorgt. 

In den kalten Wintern der Nachkriegszeit war die Firma zeitweilig nur stundenweise geöffnet gewesen. Da es regulär keine Waren zu verkaufen gab, versuchte es die Firma mit Ersatzartikeln aller Art und richtete eine Tauschzentrale ein, die viel Betrieb, aber keinen Gewinn brachte. 

Nach Einführung der D-Mark treten nun auch die schon lange schwelenden Konflikte zwischen den Siegermächten offen zutage. Im März 1948 verlassen die Sowjets den Alliierten Kontrollrat. Drei Monate später ordnet die sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) an, den Verkehr zwischen Westberlin und den Westzonen zu unterbinden: Berlin-Blockade. Die Amerikaner reagieren mit der Einrichtung einer Luftbrücke. Der kalte Krieg hat begonnen. 

Peter Cohrs (1891–1976) erhält tatkräftige Unterstützung durch seinen Sohn Peter Cohrs. 1948 tritt mit Peter Cohrs (1924–2009) der damalige Junior in die Firma ein, um den Vater beim Wiederaufbau zu unterstützen. Einen Generationenkonflikt gibt es nicht. Vater und Sohn bilden vielmehr ein ideales Gespann, und ihre Zusammenarbeit soll sich für die weitere Entwicklung der Firma als segensreich erweisen.

Das forsche und optimistische Engagement des Juniors wird durch die Erfahrung und den kaufmännischen Sachverstand des Seniors ergänzt. Eine neue Zeit des Aufstiegs beginnt. Um den Kunden ein besseres, übersichtlicher gegliedertes und reichhaltigeres Angebot zu machen, entschließen sich die beiden Chefs schon bald, weitere Um- und Ausbauarbeiten vorzunehmen. 

Allerdings wird in jener Zeit jede Mark für Ware gebraucht, und die Kreditlage ist eng. So eng, dass die Firma den Banken keine weiteren Sicherheiten anzubieten hat. Doch der Direktor der Husumer Sparkasse hat Vertrauen zum Junior und gewährt ihm einen Personalkredit. Die Umbauarbeiten können beginnen, das Vertrauen des Bankers soll nicht enttäuscht werden.  

C. J. SCHMIDT UND HUSUM ODER: HUSUM HAT C.J. SCHMIDT- EINE WECHSELBEZIEHUNG „WAS C.J.SCHMIDT NÜTZT, DAS NÜTZT AUCH DER STADT. UND UMGEKEHRT“ 

Kein Zweifel: Familie Cohrs hat sich ihrer Stadt stets verpflichtet gefühlt, und stets hat sie engen Kontakt zu Verwaltung und Selbstverwaltung gehalten. Dass es dabei auch einmal zu Meinungsverschiedenheiten kam, änderte nichts an der Grundidee. Ein wichtiges Thema in diesem Zusammenhang war die Entwicklung der Innenstadt und die damit einhergehenden Parkplatzprobleme.

Wie jede historisch gewachsene Stadt verfügte auch Husum über ein sehr begrenztes Kontingent von Parkmöglichkeiten. Ein Zustand, unter dem im Übrigen nicht nur C. J. Schmidt litt, und eine Erkenntnis, die im Jahre 1965 auf Initiative von Peter Cohrs zur Gründung der Parkgemeinschaft führen sollte, an der sich nicht weniger als 30 Firmen der Husumer Innenstadt beteiligten. 

Nach dem Brand des Firmengebäudes von C.G. Christiansen in der Großstraße erwarb die Gemeinschaft das entsprechende Grundstück. Durch den Abbruch des Vorderhauses wurde Platz für 180 Fahrzeuge geschaffen. Ein Projekt, das bei Politik und Verwaltung auf dankbare Anerkennung stieß. Doch die Stadt entwickelte sich weiter, und schon bald reichte auch dieser Platz nicht mehr aus. 

So entstand im Jahre 1980 das Parkhaus Innenstadt mit Ein- und Ausfahrtmöglichkeit von und zur Großstraße sowie zur Schloßstraße. Auch hier ging die Initialzündung von C. J. Schmidt aus. Dank einer Ziegelverblendung wurde das Bauwerk harmonisch ins Stadtbild eingefügt. Außerdem entstanden 500 neue Stellplätze, die ebenfalls hervorragend angenommen wurden. Die Idee der Gesellschafter, ihren Kunden durch Rückvergütung ein kostenloses Parkangebot zu unterbreiten, ist nach wie vor von großer Bedeutung für Husum.   

HULIWO MACHT ALLE LEUTE FROH 

Aber nicht nur über die Parkgemeinschaft hat sich C. J. Schmidt um das Wohl der Stadt Husum verdient gemacht. Auch sonst gibt sich der Betrieb alle Mühe, für seine Heimatstadt die Trommel zu rühren. In den 50er Jahren zum Beispiel steht die Husumer Lichtwoche („HuLiWo macht alle Leute froh“) für einen ersten Versuch, die Weihnachtszeit in Husum etwas attraktiver zu gestalten. Damals wird unter anderem eine Verlosung eingeführt. 

In den 60er Jahren werden diese Aktivitäten ausgebaut, oftmals auf Initiative des Hauses C. J. Schmidt, aber immer häufiger auch in Verbindung mit der Werbegemeinschaft. So verwandelt sich der Marktplatz 1965 für mehrere Tage in eine riesige Sandkiste. Eine Idee, die es Kindern ermöglicht, auf ungeahnte Weise mitten im Herzen ihrer Stadt herumzutollen. 

Angeregt durch diesen Erfolg werden Anfang der 70er Jahre „Husumer Wochen“ veranstaltet. „Tag der Bundeswehr“, „Tag der Landwirtschaft“ und „Tag des Kindes“ lösen einander ab und zeigen den Husumern auf, welche Möglichkeiten in solchen Gemeinschaftsaktionen stecken. 

1979 unternahmen Karin und Peter Cohrs dann eine Urlaubsreise in die Bretagne. Vor allem von den Häfen dort sind die Eheleute hellauf begeistert. Und natürlich kommen sie bei einem guten Glas Wein ins Grübeln über ihre Heimatstadt und den Hafen, der fast bis in deren Herz hineinreicht. Die Idee zu den Hafentagen ist geboren. Nur drei Jahre später feiert Husum sein erstes maritimes Stadtfest „Die Hafentage“.   

UND IMMER WIEDER DAS THEMA VERKEHR

Engagiert zeigt sich die Firma aber auch beim Thema Verkehrsinfrastruktur. Jahrelang ist Peter Cohrs Mitglied des Verkehrsausschusses der Wirtschaft. Als in den 70er Jahren dann die autofreie City propagiert wird, warnt er gemeinsam mit anderen Geschäftsleuten vor möglichen negativen Folgen für die Innenstadtentwicklung. 

Bevor Großstraße und Markt verkehrsberuhigt werden können, müssen erst die Parkprobleme gelöst und die Umgehungsstraße fertiggestellt werden, erklären Cohrs und seine Mitstreiter. Und auch dann seien noch die Auswirkungen der Umgehungsstraße abzuwarten. Eine Position, die bei den Befürwortern der autofreien Innenstadt heftigen Widerstand heraufbeschwört. 

Die Atmosphäre ist aufgeheizt. Die Kaufmannschaft verfasst Flugblätter, schaltet Anzeigen und lässt schließlich 100 000 Einkaufstüten gegen die Stilllegung der Innenstadt drucken, die am Donnerstagmorgen auf dem Marktplatz verteilt werden. „Die Stimmung kippt. Danach wird auf konstruktiverer Basis weiterverhandelt“, blickt Cohrs auf diese bewegten Tage zurück. In den 80er Jahren rücken dann die Planungen für ein Einkaufszentrum auf der grünen Wiese ins Zentrum der kommunalpolitischen Diskussion.

Das Commerzium lehnt ein überdimensioniertes SB-Warenhaus ab. Husum sei durch eine schöne harmonische Innenstadt mit den gepflegten Einzelhandelsgeschäften geprägt, argumentieren die Kaufleute. Es kommt zu einer Kompromisslösung. Im Gewerbegebiet wird ein leistungsfähiges Einkaufszentrum errichtet, doch die Innenstadt mit ihrem qualitätsvollen Angebot bewahrt seine Zugkraft als Magnet für die Kundenströme von außerhalb. 

Nach anfänglichen Schwierigkeiten wird die Zusammenarbeit zwischen der Kaufmannschaft im Zentrum und der im Gewerbegebiet immer gedeihlicher. Ein Punkt, von dem auch die Stadt Husum profitiert. Rechtzeitig zum 125-jährigen Firmenjubiläum wird schließlich auf der Hafensüdseite ein zweites Parkhaus im Rahmen der Parkgemeinschaft mit weiteren 500 Stellplätzen errichtet. Hintergrund ist die Eröffnung der neuen Hafenbrücke, in deren Gefolge sich die Verkehrsströme abermals verlagern. 

Wie wichtig diese Maßnahme ist, wird schon bald bewiesen. Dass sich C. J. Schmidt auch hieran federführend beteiligt hat, versteht sich fast schon von selbst. Die Chronik zum 100-jährigen Bestehen der Firma im Jahre 1976 endet mit den Worten: „Es ist das Bestreben der Firma, die Kunden optimal zu bedienen und ihnen die günstigsten Einkaufsmöglichkeiten zu geben.” Solche Überlegungen wird das Haus auch über die Jahrtausendwende hinaus zum Gegenstand seiner Zukunftsplanungen machen. 

Dass es bei alledem eine treibende Kraft für die Gesamtentwicklung der Husumer Wirtschaft bleiben wird, daran kann es nach dem bisherigen Verlauf der Firmengeschichte wohl keinen Zweifel geben. 

Historische Aufnahme von CJ Schmidt in der Großstraße

DIE 60er JAHRE

Als im Hause C. J. Schmidt 1964 eine erneute Vergrößerung der Verkaufsfläche erforderlich wird, hat sich die Welt verändert. Zwischen den beiden deutschen Staaten steht eine Mauer, Adenauer übergibt die Staatsgeschäfte vorzeitig an Ludwig Erhard, und die deutsche Wirtschaft zeigt Überhitzungserscheinungen. Bis 1964 arbeiten in Deutschland nicht weniger als eine Million Gastarbeiter. Das Wachstum geht zurück und politisch zeichnen sich bereits die Umrisse der Außerparlamentarischen Opposition (APO) ab.

DAS MODE- UND TEXTILHAUS AN DER WESTKÜSTE 

Auch in Husum hat das neue Jahrzehnt turbulent begonnen. 1962 wird die Stadt von einer gewaltigen Sturmflut heimgesucht. Der Deich am Dockkoog bricht, weite Teile des Stadtgebiets werden überschwemmt. 

Im Jahr darauf folgt die Umgestaltung des Marktplatzes, und C. J. Schmidt bezieht im Haus Krämerstraße 5 (vormals Schuhhaus Brandt) neue Räume. Dies führt zu einer nochmaligen Vergrößerung der Verkaufsfläche um 30 Prozent. Ein zentrales Treppenhaus und eine moderne Eingangslösung mit Luftvorhang geben dem Haus ein großzügiges und zeitgemäßes Gepräge. 

C. J. Schmidt wird zu einem der größten und modernsten Textilhäuser im gesamten Raum, zumal die Krämerstraße auf Initiative der Firma inzwischen zur Fußgängerzone erklärt und mit den Mitteln der Anlieger ausgebaut worden ist. Allerdings darf bei der stetigen Vergrößerung der Verkaufsfläche und damit zugleich des Geschäftsumfangs nicht übersehen werden, dass die Konkurrenz in den großen Nachbarstädten immer größer wurde. 

Ihr konnte am besten durch eine Konzeption begegnet werden, die dem Standort an der schleswig-holsteinischen Westküste angemessen war. Denn die Konsumgewohnheiten hatten sich verändert. Hatten früher Kleiderstoffe die größte Bedeutung, so war in den 60er Jahren zunehmend Konfektion gefordert. 

Familie Cohrs erkannte diese Chance. Man fuhr zur „Durchreise“ nach Berlin und traute sich Modelle einzukaufen, die auch anspruchsvollen Geschmäckern genügten – mit Erfolg. In diese Zeit fällt eine bemerkenswerte Fernsehreklame, die älteren Kunden noch gut in Erinnerung sein dürfte. Gemeinsam mit fünf anderen Firmen wirbt C. J. Schmidt unter dem Stichwort „Die sechs Richtigen im Norden“ beim Norddeutschen Rundfunk, was einer kleinen Sensation gleichkommt.   

DAS KONSUMVERHALTEN VERÄNDERT SICH 

Das veränderte Konsumverhalten führt auch zu Überlegungen, was noch zusätzlich getan werden kann, damit sich die Kunden im Hause C. J. Schmidt wohlfühlen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wird 1965 im dritten Stock des Geschäftshauses ein Café-Restaurant mit eigener Konditorei und Küche eingerichtet. 

Hier können sich die Kunden vom Einkaufsbummel erholen und den Blick über den Hafen genießen. Das Café-Restaurant „Dachgarten“ wird in der Folgezeit zu einem Anziehungspunkt für Jung und Alt, der aus Husum nicht mehr wegzudenken ist. 

Gleichwohl war auch in diesem Falle der Anfang nicht leicht, denn die Seniorchefin fand es gar nicht gut, dass ihr Mann für diese neue Firmenidee sein schönes Büro in der Ecke Krämerstraße / Twiete hergeben sollte. Zum anderen war auch der Wirteverband in Husum über die neue Konkurrenz alles andere als entzückt. Doch nach einigen Monaten hatten sich die Wogen schon wieder geglättet. Man hatte eingesehen, dass durch das schöne neue Café auch Kunden von weither nach Husum angezogen wurden. 

Dass C. J. Schmidt mit der Eröffnung des Café-Restaurants auch noch die Mittagszeit von 12 bis 14 Uhr aufhob, sorgte anfangs ebenso für Aufregung. Aber auch dieser Schritt sollte sich bereits nach wenigen Wochen als zukunftsweisend für die gesamte Husumer Wirtschaft erweisen. 

Auch sonst stellte sich die Firma den vielfältigen Aufgaben einer veränderten Geschäfts- und Wirtschaftspolitik. Das betraf nicht zuletzt die innerbetriebliche Organisation, die den Erfordernissen der Zeit angepasst wurde. So erhielten die Abteilungsleiter größere Aufgabenbereiche und weiter reichende Kompetenzen. Gleichzeitig wurde ein Betriebsrat gewählt. 

„Die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleitung und Mitarbeitern bildet bis heute den Kern für das gute Betriebsklima im Hause C. J. Schmidt“, sagt Peter Cohrs. Darüber hinaus schuf Peter Cohrs die C J S –Unterstützungskasse, die Mitarbeitern bei gesundheitlichen Notsituationen zugutekommt.   

DER WEG ZUR GROSSSTRASSE WIRD FREI 

Waren bis dahin Krämerstraße und Neustadt die Hauptgeschäftsstraßen Husums, so verlagert sich der Kundenstrom von nun an zusehends in die Großstraße. Die Geschäftsführung ist daher bemüht, auch zum Markt einen eigenen Geschäftseingang zu bekommen. 

Nach zähen Verhandlungen werden 1968 die Häuser Otto Hinrichsen an der Großstraße, eines der schönsten und ältesten Gebäude der Stadt, und Lamp in der Krämerstraße erworben. Damit ist der Weg zur Großstraße frei. Befürchtungen, durch den Ankauf könnte sich das Bild der Großstraße grundlegend verändern, sollen sich nicht bestätigen. 

Im Gegenteil: C. J. Schmidt bemüht sich schon hier, die schöne, alte Fassade im Originalzustand zu erhalten. Und so erinnert sie noch heute an Theodor Storms Novelle „Drüben am Markt“, in der dieser den Arzt sehnsüchtig von der anderen Straßenseite herüberblicken lässt; dabei symbolisiert die großartige denkmalgeschützte Fassade des alten Patrizierhauses die vornehme Welt, die dem Kleinbürger von „drüben“ verschlossen blieb. 

Das ist nach 1968 freilich nicht mehr der Fall: C. J. Schmidt steht allen offen – auch denen von „drüben“. Beim Umbau des 1749 errichteten Hauses wurde unter der Kellersohle im Erdreich übrigens ein alter Vierkant-Stock-Anker gefunden, der heute im Schifffahrtsmuseum liegt. Möglicherweise schon ein Fingerzeig auf die späteren Aktivitäten der Familie Cohrs als Kultursponsoren? Auf jeden Fall aber ein Synonym dafür, dass die Familie auch über die 60er Jahre hinaus fest in der Stadt verankert bleibt.

Historische Aufnahme eines CJ Schmidt Lieferfahrzeugs

DIE 70er JAHRE

C. J. Schmidt hat sich in diesen wenigen Jahren stark entwickelt. Der innere Ausbau soll ebenso zügig erfolgen. Bereits 1972 regt die Geschäftsleitung die Wahl eines Betriebsrates an. Dabei wird sie von der Erkenntnis geleitet, dass die berechtigten Interessen der Mitarbeiter mit den Möglichkeiten der Firma abgestimmt werden müssen. Die Betriebsratsmitglieder werden langjährig wiedergewählt, was sich für die Zusammenarbeit im Hause als segensreich erweist. 

Die Vereinbarung, alle auftretenden Probleme intern, also ohne äußere Zugriffe, zu lösen, soll sich über Jahrzehnte bewähren.

C. J. SCHMIDT „WARDT OLD“ – DIE 100-JAHR-FEIER 

Aber auch auf baulichem Sektor tut sich einiges. Die heimische Wirtschaft wächst, und nicht nur C. J. Schmidt platzt aus allen Nähten. 

Sparkasse, Husumer Nachrichten und andere Unternehmen schauen sich ebenfalls nach neuen, größeren Domizilen um. Die Folge ist eine Umwälzung des gesamten Stadtgefüges. 

 So kauft C. J. Schmidt die bisherige Sparkasse, während diese den Sitz der Husumer Nachrichten und das daneben liegende Gebäude mit der Papierwarenhandlung Orth sowie Kröger und Overbeck erwirbt. Orth wiederum zieht in das Haus Bollmann auf der Neustadt um, und die Husumer Nachrichten kaufen das Geschäftshaus der Firma Georg C. Hansen, die ihre Tätigkeiten ins Industriegebiet verlagert. 

In diese Zeit, 1976, fällt auch das 100-jährige Geschäftsjubiläum von C. J. Schmidt, das alle Erwartungen übertrifft. In einer vergnüglichen plattdütschen Rede bringt der damalige Kreisbauernvorsitzende die Sache auf den Punkt: „Urahne, Grotmudder, Mudder und Kind in een Stuuv tosamen sünd, as Mudder sick de Zeitung holt un sä: die Firma Schmidt wardt old; hett 100 Lenze op de Nack, verflixt nochmal, dat is all wat.“ 

Nur wenige Tage nach der 100-Jahr-Feier verstirbt 1976 Peter Cohrs, der damalige Seniorchef im Alter von 85 Jahren nach einem erfüllten Leben voller Arbeit, aber auch voller Anerkennung. 

1977 geht C. J. Schmidt in einem weiteren Schritt zur Modernisierung des Hauses daran, die alte Sparkasse abzureißen. Damit hofft die Familie einen lang gehegten Traum Wahrheit werden zu lassen und endlich einen großzügigen Zugang zum Markt zu erhalten. 

Doch der Neubau ist mit zahlreichen Schwierigkeiten verbunden. So müssen unter der Twiete Zuganker zu den Nachbarhäusern gelegt werden. Außerdem werden, wie es nach damaligem Zeitgeist erforderlich scheint, fünf Rolltreppen installiert, deren Ankunft die halbe Stadt auf die Beine bringt. 

1978 wird der Neubau eröffnet, nachdem zuvor auch das Aussteuerhaus in der Krämerstraße (heute Kloppenburg) in den Komplex integriert worden ist. Das neue Haus erfüllt alle Wünsche. Es ist großzügig und modern, wahrt aber trotzdem seine persönliche Note und vermittelt eine angenehme Atmosphäre. Die Kunden kommen von nah und fern. 

Auch die architektonische Gestaltung findet Anerkennung. Mehr noch: Die Erhaltung der historischen Fassaden inspiriert andere Geschäftsleute, dem Beispiel C. J. Schmidts zu folgen. 

 „DAS PARADIES DER DAMEN“ 

Ein damals ungemein populärer Roman, „Das Paradies der Damen“ von Emile Zola, hatte wesentlichen Einfluss auf die Umbauarbeiten im Hause. Das Stichwort hieß „Erlebnisbühne schaffen“, die Kunden verwöhnen. 

Der Einzugsbereich der Firma musste sich vergrößern und jede Abteilung so gut sein, dass es sich lohnte, von weither nach Husum zu fahren. Um das umzusetzen, wurden mit dem Architekten Czermack, einem der führenden europäischen Ladengestalter, Pläne entwickelt, die von Erfolg gekrönt sein sollten. Czermaks Ideen hatten wesentlichen Anteil daran, dass sich C. J. Schmidt zu einem der größten Fachgeschäfte in Schleswig-Holstein entwickelte.

Allerdings gehen ökonomische und kommunale Infrastrukturentwicklung nicht unbedingt Hand in Hand. So ergeben sich unterschiedliche Auffassungen zum Thema Verkehrsführung. Während die Politik mehrheitlich eine verkehrsberuhigte Innenstadt anstrebt, will die Wirtschaft eine solche Maßnahme erst in Betracht ziehen, wenn die Bauarbeiten an der Umgehung abgeschlossen sind. 

Der Übergangszustand ist begleitet von jahrelangen Diskussionen um Verkehrsströme und Parkmöglichkeiten in der Innenstadt. Überhaupt ist in den 70ern nicht alles Gold, was glänzt. So wird Husum durch die Zusammenlegung der früheren Kreise Südtondern, Husum und Eiderstedt zum Kreis Nordfriesland zwar Kreisstadt, doch dafür erlebt es noch im selben Jahr seinen letzten Viehmarkt. 

Die fortschreitende Kühlfleischvermarktung und die Ansiedlung eines Zentralschlachthofes der Nordfleisch AG 1964 hatten ihm die Existenzgrundlagen entzogen. 

Größte Arbeitgeber sind in jenen Jahren die Verwaltungen von Stadt und Kreis und die Bundeswehr. Größter gewerblicher Unternehmer ist die Schiffswerft, aber auch C. J. Schmidt zählt bereits zu den Großbetrieben. 

Der Tourismus gewinnt an Bedeutung, und das Gewerbegebiet wächst. Wieder ist es die Firma C. J. Schmidt, die über das Commerzium klar zum Ausdruck bringt, dass eine so bedeutende Einkaufsstadt wie Husum angesichts der veränderten Konsumbedingungen beides braucht: die Ansiedlung von Großbetrieben auf der grünen Wiese und eine intakte Innenstadt mit hochentwickelten Fachgeschäften, die über günstige Parkmöglichkeiten bequem zu erreichen sind, die zum Shopping und zum Flanieren in gepflegter Atmosphäre einladen und den Besuch in der Storm-Stadt nicht zuletzt dank seiner kulturellen Einrichtungen zum Erlebnis machen. 

VIEL SCHNEE UND GROSSER ZUSAMMENHALT 

 Mit der Maxime „Qualität ist Trumpf“ steuert C. J. Schmidt auf die 80er Jahre zu, wobei fachkundige Beratung das Wesen dieser Qualität bestimmt. Doch zuvor ist noch von einer Katastrophe zu berichten, die den meisten Husumern eigentümlicher Weise als recht positiv in Erinnerung ist: der Schneewinter von 1979. 

Die überwiegend guten Erinnerungen an diesen feuchten Ausnahmezustand mögen darin begründet liegen, dass die Bürger in ihrer Not fester zusammenrückten. Das galt auch für die Husumer Kaufmannschaft. Eine Schneegemeinschaft wurde gegründet. Vergessen war alle Konkurrenz. 

Der Schneemassen vor den Geschäftseingängen konnte man nur gemeinsam Herr werden. Aber wohin damit? Als Peter Cohrs gerade am Hafen unterwegs war, kamen dort drei Schneepflüge vorbei, die aus Heide zur Unterstützung angefordert worden waren. Doch die Fahrer hatten keine genauen Anweisungen mitbekommen und fragten Peter Cohrs um Rat. Der fackelte nicht lange und wies sie an, die Innenstadt wieder begehbar zu machen. 

 „Aber was machen wir mit all dem Schnee?“, wollten die Männer wissen. „Den schiebt ihr in den Binnenhafen“, antwortete Cohrs. Und das taten sie dann auch, allerdings mit dem unerwünschten Nebeneffekt, dass ein Boot unter den Massen begraben wurde und unterging. „Das hat uns 3.000 Mark gekostet“, erinnert sich Cohrs. Die seien aber anstandslos bezahlt worden. Und zum Abschluss gab es eine „feuchte Kassenabrechnung“ mit Köm und Bier, bei der manche neue Freundschaft geknüpft wurde. 

 Cohrs, ohnehin meist auf dem Fahrrad unterwegs, nahm den Schneewinter übrigens als sportliche Herausforderung und fuhr auf Langlaufskiern zur Arbeit. Bald schon fand er damit zahlreiche Nachahmer, und so glich Husum zeitweilig einem Wintersportort – wenn auch ohne Gebirgspanorama.

Historische Aufnahme von CJ Schmidt in der Krämerstraße

DIE 80er JAHRE

Die 80er Jahre stehen ganz im Zeichen der „Wende“. Aus der Anti-Atomkraft und Friedensbewegung geht die Partei der Grünen hervor. Und nach einer Koalitionskrise im September 1982 wendet sich die Mehrheit der Liberalen von den Sozialdemokraten ab, um mit der CDU eine neue Koalition zu bilden. Die Ära Kohl beginnt. In der Nacht vom 9. November 1989 zum 10. November 1989 fällt dann in Berlin die Mauer. Die schwierigste, aber auch wichtigste Wende des Jahrzehnts ist eingeleitet. Sie bedeutet zugleich das Ende eines Ost-West-Konfliktes. Zu den wichtigsten Ereignissen in Husum zählen die Planungen und ersten Bauarbeiten an der Westtangente, die 1985 beginnen und – bis auf die Klappbrücke – noch im selben Jahr beendet werden, ferner die Sanierung der Innenstadt (1986), sowie der Bau des neuen Rathauses am Binnenhafen und die Osttangente 1988.

DER DRITTE PETER COHRS TRITT IN DAS UNTERNEHMEN EIN

In diesem Jahr tritt auch der dritte Peter Cohrs, Jahrgang 1961, in die Firma ein. Nach einer gründlichen Ausbildung in verschiedenen namhaften Geschäften setzen seine Eltern Karin und Peter, aber auch der Junior selbst große Erwartungen in dieses neue Kapitel der Firmengeschichte. 

Die Voraussetzungen sind denkbar gut. So erinnert sich der Senior an einen Brief, den ihm der Filius noch während der Ausbildung zuschickte und in dem er ihn aufforderte, „mir fortan kein Geld mehr zu schicken. Ich kann mich selbst ernähren”, ließ Peter Cohrs seinen Vater wissen. 

Als er mit 27 Jahren in die Firma eintritt, wird der Junior sogleich mit vielfältigen Aufgaben und entsprechenden Kompetenzen ausgestattet. Darüber hinaus engagiert er sich von Beginn an in der Husumer Wirtschaft, die traditionell von der Firma C. J. Schmidt gepflegt, gefördert und beeinflusst wird. So unter anderem auch in der Werbegemeinschaft Husum, die er seit 2001 als Vorsitzender sowie seit 2005 als Sprecher des Wirtschaftskreises – dem Zusammenschluss der vier Husumer Wirtschaftsvereine führt. 

DER PALMGARTEN 

Sorge bereitet Familie Cohrs, wie bereits angedeutet, die Einzelhandelsstruktur in der Innenstadt. Zwei bedeutende Firmen für Haushaltswaren, Glas und Porzellan hatten mittlerweile geschlossen oder waren aus der Stadt ins Industriegebiet gezogen. Um solche Waren zu kaufen – noch dazu, wenn sie gehobenen Ansprüchen genügen sollen, mussten die Kunden fortan in die Nachbarstädte ausweichen. 

Die Familie setzt sich zusammen und überlegt, ob sie einmal mehr den Mut hat, etwas Großes auf die Beine zu stellen? Sie hat. Das Grundstück der ehemaligen Firma C. Mader wird gekauft, um an dieser Stelle ein Einrichtungshaus zu bauen, das im gesamten norddeutschen Raum von sich reden machen soll. Als Lifestyle- und Erlebnishaus für „Wohnen und Schenken“ mit gepflegten Abteilungen für Glas, Porzellan, Aussteuer, Gardinen, Teppiche, Haushaltswaren und Geschenkartikel ist der „Palmgarten“ geradezu zum Synonym für jene Dinge geworden, die das Leben schön und angenehm machen. 

Auch architektonisch wird mit dem großen Lichthof und einer illustren Fotomontage des „Palmengartens“ von Schloss Laeken bei Brüssel eine glänzende Lösung gefunden. Dieses Schloss gab dem neuen Haus übrigens seinen Namen. Doch auch schon vor dem Bau des „Palmgartens“ hatten die 80er Jahre für C. J. Schmidt einiges zu bieten. 

So erhielt die Firma 1980 den Forumspreis der Deutschen Textilwirtschaft. In der Laudatio wurde dem Ehepaar Cohrs bescheinigt: „Sie haben in Ihrer Firma C. J. Schmidt in Husum etwas Beispielhaftes geschaffen. Das größte Haus am Platz in einer Kleinstadt verbindet die Einbettung in Landschaft und Heimatbewusstsein mit einer Angebotsfülle und dem Angebotsniveau einer Großstadt.” 

Bei derselben Veranstaltung wurde übrigens auch der italienische Modemacher Nino Cerutti ausgezeichnet. Cerutti galt in jenen Jahren als Avantgardist der Herrenmode schlechthin. Für Familie Cohrs war die Ehrung freilich nur Ansporn, das Husumer Geschäft auch weiterhin mit persönlicher Note zu pflegen und auszubauen. 

1989 brachte der Junior dann eine Frau in die Familie, die auch in die Firma passte. Sie stammte aus der „Branche” und hatte ihre Fähigkeiten bei großen Firmen im Bereich der Jungen Mode unter Beweis gestellt. So übernahm sie 1989 bei C. J. Schmidt die Abteilung „Casablanca” und baute diese weiter aus. In den Folgejahren wurden in Heide und Schleswig Filialen für Junge Mode unter dem Namen „Casablanca” errichtet, die ihrerseits dazu beitrugen, den guten Ruf des Husumer Haupthauses zu unterstreichen. 

DAS SCHIFFFAHRTSMUSEUM 

Im Jahre 1986 demonstriert Familie Cohrs ein weiteres Mal, was sie unter dem Begriff „Gemeinschaftssinn“ versteht. 50 Jahre, nachdem sein Vater die Firma C. J. Schmidt 1936 gekauft hat, will sein Sohn der Stadt aus diesem Anlass ein Geschenk machen. Seine Idee, an der Hafenkaimauer einen großen Anker aufzustellen – Symbol für die glückliche Heimkehr der Schiffer und Fischer – findet allerdings nicht die erhoffte Resonanz der Stadt. Schließlich spendet Familie Cohrs stattdessen 50.000 Mark für die Einrichtung eines Schifffahrtsmuseums. 

Kapitän Jakobs vom Nautischen Verein und der Vorsitzende des Vereins zur Erhaltung des Stadtbildes, Dr. von Hielmcrone, nehmen das Geld entgegen. Doch so recht will das Projekt nicht vorankommen. Bis Peter Cohrs selbst die Sache in die Hand nimmt und das Gebäude der Landeszentralbank am Binnenhafen kauft.

Mithilfe der Karin- und Peter-Cohrs-Stiftung, sowie einiger anderer Sponsoren und Förderer wird dort schließlich das Schifffahrtsmuseum eingerichtet. Das Haus genießt in ganz Norddeutschland einen ausgezeichneten Ruf und zählt zu den größten und meistbesuchten Museen im Lande. 

Mit seiner Stiftung hat das Ehepaar Cohrs dafür gesorgt, dass es auch ohne staatliche Zuschüsse einer gesicherten Zukunft entgegensehen kann.